Erfahrungsbericht zu „KOWA XD 8,5 X 44“

Vor einiger Zeit erwarb ich von der Firma Optixxx Simone Hauptmann in 99310 Arnstadt ein Fernglas KOWA XD 8,5 X 44. Ich war schon vorher auf dieses Fernglas aufmerksam geworden, konnte es aber nirgends ansehen und überprüfen. Die technischen Daten waren mir allerdings bekannt und ein lobender Testbericht liess mich dann zum Kauf schreiten. Dazu hat sicherlich der günstige Preis von etwas über Euro 1000.-- beigetragen.

1. Aussehen, Verarbeitung, erster Eindruck

Das KOWA XD 8,5 X 44 wirkt sehr solide gebaut. Die hell moosgrüne Gummierung ist griffig, in der Mitte leicht genoppt und die unvermeidlichen Daumenmulden auf der Rückseite sind zum Glück nur sehr schwach ausgeprägt, so dass jede Person einen guten Griff findet. Der Einstellknopf besteht aus feinstgerändeltem schwarzem Metall, die Gummiaugenmuscheln ebenfalls schwarz, was dem Glas ein durchaus elegantes Aussehen verleiht.

2.Grösse, Gewicht, Haptik

Das Glas wiegt ca. 950 Gramm, etwa 150 bis 200 Gramm mehr als die entsprechenden Gläser von Leica, Swarovski oder Zeiss. Es ist mit 16,5 cm knappe 2 cm länger als ein Leica Ultravid, entspricht in seinen äusseren Massen etwa dem Zeiss FL 8 X 42. Das Glas ist schlank und liegt gut in den Händen, das höhere Gewicht als bei den direkten Konkurrenten macht sich nicht negativ bemerkbar.
Die Gummiarmierung ist griffig, in der Mitte leicht genoppt und die unvermeidlichen Daumenmulden auf der Rückseite sind zum Glück nur sehr schwach ausgeprägt, so dass jede Person einen guten Griff findet. Die Gummierung erlaubt einen rutschfesten Griff, die grossen Trageriemen-Oesen sind so angebracht, dass das nur leicht schräg vor der Brust hängt. Sie stören nicht beim Griff. Die mitgelieferte Tasche ist gut gepolstert, hat aber leider keinen eigenen Trageriemen. Der mitgelieferte Trageriemen für das Fernglas ist breit und gut gepolstert. Zu begrüssen ist der ebenfalls beiliegende Rucksacktrageriemen, mit dem das Gewicht des Fernglases vom Hals auf die Schultern verlagert wird.
Der Okularschutzdeckel besteht aus einem halbharten Plastikmaterial, die Objektivschutzdeckel im Stile von Leica aus einem wesentlich geschmeidigerem Gummi.

3. Augenmuscheln und Einblickverhalten

Die Augenmuscheln sind ebenfalls aus einem weichen Gummimaterial. Sie lassen sich in 4 Raststufen verstellen. Ich (kurzsichtig) kann mit Brille problemlos die Augenmuscheln auf die erste Stufe einstellen und überblicke das 60 Grad Sehfeld so problemlos. Bereits die halb herausgedrehten Augenmuscheln schirmen Seitenlicht gut ab.
Die Friktion der Knickbrücke ist optimal, sie ist nicht zu schwergängig und nicht zu leicht, um sich von selbst zu verstellen.

4. Dioptrienkorektur und Ueberhub

Die Dioptrienkorrektur beträgt + - 4 dpt, was in den meisten Fällen ausreichen sollte. Der Dioptrienkorrekturring ist nicht geriffelt, zum Verstellen ist die Rechte Augenmuscheln ein Stück nach oben zu drehen, dann kann der Dioptrienkorrekturring nach oben geschoben werden. Er hat auf der Fernglasunterseite seine Griffmulde, wenn man den Daumen dort platziert, ist er leicht zu drehen. Ist die richtige Einstellung gefunden, wird der Ring wieder nach unten geschoben, wo er einrastet. Da die eingestellte Korrektur nicht angezeigt wird ist die Benutzung des Glases durch mehrere Personen erschwert.

5. Sehfeldgrösse

Das Sehfeld von 122 Metern entspricht, berücksichtigt man die etwas stärkere Vergrösserung, einem Sehfeld von ca. 130 Metern. Damit liegt das Glas gleichauf mit seinen Konkurrenten der Premiumhersteller. Nur Swarovski bietet beim EL 8,5 X 42 ein grösseres Sehfeld.

6. Fokussierung

Die grosse Fokussierwalze liegt griffgünstig, hat einen zweckmässigen Durchmesser, fühlt sich sehr angenehm an. Sie läuft geschmeidig, mit genau dem richtigen Widerstand und hat mit ca. 1,5 Umdrehungen von ganz nah bis unendlich eine ideale Umsetzung. Der Tatbestand, dass sie aus Metall besteht könnte in strengen Wintern zu einer kalten Fingerspitze führen. Wie bei den anderen Premiumherstellern muss für die Ferne nach rechts, für die Nähe nach links gedreht werden.
Die Nahgrenze liegt mit 1,7 Metern an der Grenze des Nutzbaren, ohne das die Augen zu allzu starkem Schielen gezwungen wären, erlaubt die Beobachtung von Blumen, Insekten wie in einem Abstand von 20 cm mit unbewaffnetem Auge.

7. Stativbefestigung

Leider haben die Entwickler bei KOWA hier geschlafen und nichts vorgesehen. Die Leicaplatte funktioniert aber auch mit dem Kowa. Schön ist das allerdings nicht, nur ein Notbehelf.

8. Transmission und Farbtreue

Transmission und Farbtreue sind exzellent. Ich kann visuell zu Ultravid und FL so gut wie keinen Unterschied in der Bildhelligkeit erkennen. Im Vergleich zum Ultravid (ganz schwach gelblich) ist es sogar farbneutraler.

9. Schärfe und Kontrast

Schärfe und Kontrast sind nicht nur im zentralen Bereich des Sehfeldes hervorragend. Die Abnahme der Schärfe zum Rand hin ist fast nicht zu erkennen, sie liegt bei maximal 8 % des Gesichtsfeldes für meine sechzigjährigen Augen. Der Bereich der sich andeutenden Unschärfe ist so klein, dass ich schielen muss, um ihn überhaupt zu sehen. Der Kontrast liegt im Vergleich zu den Gläsern der anderen Premiumhersteller auf mindestens dem selben Niveau.

10. Streulicht und Reflexe

Wie aufgrund der sehr guten Transmission schon zu erwarten war, sind Streulicht und Reflexe absolut zu vernachlässigen. Ich kann auf jeden Fall keine erkennen und teile dies mit anderen Beobachtern. Das Fernglas hat zudem Einschraubgewinde im Format M46, so dass Filter oder Streulichtblenden verwand werden können. Ich bezweifele allerdings die Notwendigkeit dafür.

11. Farbsäume

Farbsäume sind kaum festzustellen. Sie sind wesentlich geringer als beim Ultravid und auch geringer als beim FL. Nur ganz aussen beim Sehfeld sind sie in Extremsituationen (schwarze Krähe gegen den hellen Himmel) zu erahnen.

12. Verzeichnung

Am äussersten Rande des Sehfeldes ist eine sehr schwache kissenförmige Verzeichnung festzustellen. Demzufolge gibt es auch keinen Globuseffekt.

 

Fazit

Das KOWA XD 44 reiht sich würdig in die Reihe der Toppferngläser ein. Leica Ultravid, Swarovski EL und Zeiss FL haben einen neuen Herausforderer gefunden, der zwar beim Gewicht etwas verliert, dafür beim Preis kräftig punkten kann. Die fehlende Stativbefestigung und die nicht angezeigte Dioptrienkorrektur lassen sich verschmerzen, beträgt die Preisdifferenz zu den Konkurrenten doch zwischen 500.-- und 900.-- Euros.

Michael Brücker